Bergamo in Norditalien haben wohl nur wenige auf dem Schirm, wenn sie an die kulinarischen Köstlichkeiten Italiens denken. Zu Unrecht - locken doch herzhafte und süße regionale Spezialitäten und Neukreationen in die schöne Stadt in der Lombardei.
Du suchst nach einem Reiseziel für deinen nächsten kulinarischen Kurztrip? Wie wär's dann mit Bergamo in der Lombardei? Die Stadt, die zu Beginn der Corona-Pandemie traurige Berühmtheit erlangte, haben wohl die wenigsten auf dem Radar, wenn es um den nächsten Italien-Urlaub geht. Dabei ist sie über den Flughafen Mailand-Bergamo (BGY) sowohl günstig, als auch leicht von vielen deutschen Großstädten erreichbar. Viele Touristen fahren von hier direkt in das nur 50 Kilometer entfernte Mailand und verpassen ein echtes Juwel Norditaliens, welches vermeintlich sogar mehr zu bieten hat, als die große und berühmte Nachbarstadt.
Bergamo, die Kulturhauptstadt Italiens 2023, liegt malerisch in den letzten Ausläufern der Alpen. Auf einem Berg thront die von venezianischen Mauern umschlungene historische Altstadt (Città Alta) und blickt dabei auf die Unterstadt (Città Bassa). Historische Standseilbahnen bringen die Menschen auf die Berge der Altstadt. Eine Kombination aus typisch italienischen Gässchen und Piazzas, spektakulären religiösen Bauten und mittelalterlichen Burganlagen sorgt für eine Mischung aus mediterranem und mitteleuropäischem Charme. Nur 30 Fahrminuten entfernt von Bergamo kannst du im Comer See schwimmen oder in den Bergamasker Alpen wandern.
Als würde das alles nicht reichen, hat die Stadt überraschende kulinarische Besonderheiten zu bieten, die deinen Besuch zu einem rundum perfekten Erlebnis machen werden. Mehr dazu in diesem Blogartikel.
Die Geburtsstädte des Stracciatella-Eises
Stracciatella-Eis ist aus italienischen Eisdielen nicht wegzudenken. Tatsächlich war es lange Zeit meine Lieblings-Eissorte. Umso überraschter war ich, als ich herausfand, dass der Klassiker aus Milch und Schokolade in Bergamo erfunden wurde. Genauer gesagt, wurde es erstmals im Jahr 1961 im "La Marianna" vom Eigentümer Enrico Panattoni serviert. Panattoni zufolge kam ihm die Idee, nachdem er es leid war, Eier in Brühe zu rühren, weil zunehmend Kunden nach der aus Rom bekannten Stracciatella-Suppe fragten.
Das Eis ist wunderbar cremig, wie es sich für ein gutes Stracciatella-Eis gehört. Das La Marianna findest du in der Citta Alta unterhalb der Seilbahn San Vigilio. Die Kugel kostet hier einen stolzen Preis von 2,50 Euro, was wohl dem Ruhm der Eisdiele zu verdanken ist. Meiner Meinung nach ist das Eis deutlich zu teuer, handelt es sich doch um eine Kugel Stracciatella von normaler Qualität. Andererseits: Wer kann schon sagen, dass er das originiale Stracciatella probiert hat?
La Marianna: L.go Colle Aperto, 4, 24129 Bergamo
Casoncelli - Die köstlichen Teigtaschen Bergamos
"Casoncelli alla Bergamasca“ sind eine Art Ravioli, die mit Parmesan, Ei, Rindfleisch, Wurst, Brotkrumen, Spinat, Zitronenschale und manchmal auch süßen Komponenten wie Rosinen, Birnen oder gar Amarettini gefüllt und mit Salbeibutter, Speck und Parmesan serviert werden. Jede Hausfrau, so scheint es, hat hier ihre eigene Zusammensetzung für die Füllung des bekanntesten herzhaften Gerichtes Bergamos. Dabei dienen die Casoncelli der Verwertung der Reste von Rind- und Schweinefleisch.
Zu empfehlen sind die Casoncelli im Restaurant "Da Mimmo" - einer Institution für gutes Essen in gemütlicher Atmosphäre in der Città Alta. Du kannst die kleinen Teigtaschen aber auch einer der vielen Pastificios (Pastaläden) oder im Supermarkt kaufen und dir in der eigenen Küche zubereiten.
Da Mimmo: Via Bartolomeo Colleoni, 17, 24129 Bergamo
Polenta e Osei - Die historische Süßspeise Bergamos
Eine weitere Süßspeisen-Spezialität, die es so allerdings nur in Bergamo gibt, ist die süße Variante von "Polenta e Osei" - häufig mit dem Wort Dolce versehen. Diese soll das aus Venetien stammende herzhafte Gericht „Polenta und Vogel“ nachahmen, das sich auch in der Lombardei großer Beliebtheit erfreut. Es handelt sich um eine mit Schokoladencreme gefüllte Biskuit-Halbkugel umhüllt von Buttercreme und gelbem Marzipan, die in verschiedenen Größen erhältlich sind.
Die wirklich leckeren Bällchen kannst du in praktisch jeder Patisserie der Stadt kaufen. Das kleinste Exemplar (hier rechts) hat bereits einen (wie ich finde) stolzen Preis von 2,50 Euro. Ihr Ursprung geht übrigens auf das Jahr 1910 zurück, als Amadeo Alessio diesen Kuchen zusammen mit seiner Frau Giuseppina in ihrer Patisserie kreierten. Du bekommst sie zum Beispiel bei "Nessi" in der Città Alta. In der Seitenstraße neben der Patisserie kannst du sogar durch ein Fenster in die Backstube sehen (siehe Foto 1).
Nessi Città Alta: Via Gombito, 34, 24129 Bergamo
Die meisten DOP Käsesorten der Welt
Die Region um Bergamo ist heute die mit den meisten DOP-geschützten Käsesorten (Denominazione d'Origine Protetta, kurz DOP, ist das italienische Siegel für Produkte mit geschützter Herkunftsbezeichnung) in ganz Italien mit neun DOP-Käsesorten.
Noch heute gibt es ca. 150 aktive Almbetriebe mit Käserei. Darunter der bekannte Taleggio, der Blauschimmelkäse Strachitunt und der Weichkäse Salva Cremasco. Genossen wird der Käse gerne auf Vorspeisenplatten mit der wunderbaren bergamaskischen Salami oder dem Rohschinken "Il Botto", der über ein Jahr auf getrocknetem Heu reift bzw. trocknet.
Der Instagram Hype - Belegte Focaccia
Focaccia hat sich besonders in den letzten Jahren insbesondere auf Social Media zu einem absoluten Trend entwickelt. In Italien ist das Backerzeugnis hingegen schon ewig allgegenwärtig, zumal viele Bäckereien Focaccia im Sortiment führen. Ein Restaurant in Bergamo hat den Focaccia-Trend mit dem Burrata-Trend kombiniert und damit sowohl das ultimative optische, als auch geschmackliche Erlebnis kreiert. Die Rede ist von "Il Fornaio" in der Città Alta. Der Laden ist fast immer proppenvoll und das „Schaufenster“, in dem die mit Burrata, Schinken, Salami, Mortadella und Feldsalat belegten Focaccia liegen, ist schon unzählige Male auf TikTok und Instagram „viral“ gegangen.
Die Preise für die Focaccia richten sich nach dem Gewicht. Ein großes Stück mit einer ganzen, super cremigen Burrata kostet ca. 8 Euro und hat uns jeweils komplett satt gemacht und auch geschmacklich überzeugt.
Il Fornaio: Via Bartolomeo Colleoni, 3, 24129 Bergamo
Ein weiteres Restaurant für eine Art Foccacia-Sandwich ist das "All'antico Vinaio - Bergamo" im Zentrum der Città Bassa. Hierbei handelt es sich um einen Ableger des aus Florenz „berühmten“ Originals (ebenfalls ein Social Media Trend) - welches es nun bereits in vielen italienischen Großstädten und sogar in den USA gibt. Wie in Florenz haben wir das Restaurant auch in Bergamo nie ohne eine mindestens zehn Meter lange Schlange gesehen. Das führt sogar soweit, dass zwei "Türsteher" beschäftigt sind, die sich um den Andrang kümmern.
Das Warten lohnt sich allerdings. Du bekommst eine knusprige und fluffige Focaccia, die von den Jungs hinter der Theke mit tollen italienischen Fleischerzeugnissen, verschiedenen Cremes und Gemüse bzw. Salat gefüllt wird. Der Preis von 7-12 Euro geht dabei absolut in Ordnung. Wir waren auf jeden Fall mehr als satt nach einem solchen Sandwich.
All'antico Vinaio - Bergamo: Via G. Tiraboschi, 73, 24122 Bergamo
Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Bergamo
Rund um den Piazza Vecchia
Das Zentrum der Altstadt und seit Jahrhunderten das repräsentative Zentrum der Stadtverwaltung Bergamos bildet der Piazza Vecchia. Entstanden im 15. Jahrhundert durch den Abriss mehrerer alter Gebäude ist dies heute der Ort, an den sich die meisten Touristen drängen, um die vielen Sehenswürdigkeiten zu besuchen und in den Cafés rund um den Platz zu sitzen. Überragt wird der Piazza Vecchia vom Torre Civica (Foto 1), einem umgangssprachlich auch "Campanone" genannten Turm, von dem aus du eine schöne Sicht auf die Stadt hast.
Am südlichen Ende des Piazza Vecchia befinden sich die zwei wohl imposantesten Sakralbauten Bergamos. Zum einen ist da der Dom zu Bergamo, auch "Cattedrale di Sant'Alessandro Martire" genannt. Die schiere Größe des zu weiten Teilen aus weißem Marmor errichteten Bauwerks ist wirklich beeindruckend. Der Dom wurde 1940 zum Nationaldenkmal ernannt. Besichtigen kannst du übrigens auch die Krypta, die hier im Gegensatz zu vielen anderen Kirchen frei zugänglich ist und sich unterhalb des Altars befindet.
Noch schöner ist allerdings die "Basilica di Santa Maria Maggiore", die sich direkt neben dem Dom befindet. Sowohl die Aussenfassade (siehe Titelbild) als auch der Innenraum der romanischen Kirche sind derart kunstvoll und detailverliebt gestaltet, dass es uns fast den Atem geraubt hat. Im Gegensatz zum Dom kostet die Besichtigung der Basilika, deren Bau im 13. Jahrhundert begonnen wurde, 3 Euro Eintritt. Die lohnen sich aber allemal für das reich vergoldete und mit riesigen Wandteppichen versehene Kirchschiff.
Tipp: Erscheine entweder vor 10 Uhr morgens oder ab 16 Uhr abends, um den vielen Tagesausflüglern und Schulklassen aus dem Weg zugehen.
Die venezianischen Mauern und Tore
Die Altstadt von Bergamo ist komplett umgeben von intakten venezianischen Mauern mit einer Gesamtlänge von über 6 Kilometern. Das Bauwerk zählt seit 2017 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Erbaut wurden die Mauern ab 1561 während der Herrschaft der Republik Venedig als Schutz vor feindlichen Angriffen. Da diese jedoch ausblieben, sind die Mauern in einem tollen Zustand und umfassen 14 Bastionen, 2 Plattformen, 100 Plätze für Pistolen und zwei Pulvermagazine. Durch 4 prachtvolle Tore lässt sich die Altstadt verlassen. Das bekannteste unter ihnen ist das "Porta San Giacome" (Fotos unten). Kommt man aus dem Zentrum der Unterstadt, führen die Wege geradewegs zu eben diesem Tor.
Zudem hat man von hier eine wundervolle Aussicht auf eben jene Unterstadt. Über einen unterirdischen Zugang lassen sich übrigens viele Tunnel unterhalb der Mauern erkunden, die wichtige strategische Punkte der Altstadt miteinander verbanden.
Fun Fact: Für den Bau der Mauern wurden 8 Sakralbauten in der Altstadt abgerissen, was wiederum zu 8 Exkommunizierungen führte.
Tipp: Es lohnt sich, die Mauern in den frühen Morgenstunden zu erkunden, wenn das Sonnenlicht die südlichen Mauern und Tore erleuchtet.
Durch die Gässchen der Altstadt schlendern
Die kleinen Gässchen italienischer Städte sind doch immer etwas ganz besonderes. Wir könnten uns jedenfalls tagelang durch diese treiben lassen auf der Suche nach interessanten Fotospots, bunten Häusern, schönen Türen, Balkons und Fensterläden. Pastellfarben dominieren dabei die Häuserfassaden von Bergamos Città Alta.
Viele der kopfsteingepflasterten Gassen der Altstadt sind sehr schmal und lassen nicht erahnen, dass sich an ihren Enden prachtvolle Plätze und Sakralbauten befinden. Im Sommer spenden sie zudem ausreichend Schatten als Schutz vor der Hitze. Auf mich wirkten die bunten Altstadt-Gassen wie eine Mischung aus mitteleuropäischem und eher mediterranem Stil - ein besonderes Flair, das ich bis dato nicht kannte.
Die Funiculare (Seilbahnen) Bergamos
Die Città Alta thront auf einem 380 Meter hohen Hügel, der einen der letzten Ausläufer der Alpen darstellt. Die Città Bassa (Unterstadt) befindet sich südlich der Altstadt und damit bereits in der Po-Ebene. Diese signifikante geografische Unterscheidung zwischen der historischen Altstadt und Unterstadt, in der sich das alltägliche Leben der meisten Bergamasken abspielt, ist eine der Besonderheiten Bergamos. Um sich den etwas mühsamen Weg von der Unterstadt in die Altstadt (85 Höhenmeter) zu erleichtern wurde Ende des 19. Jahrhunderts eine Standseilbahn mit zwei Kabinen gebaut.
Die zweite Standseilbahn Bergamos wurde Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut und verbindet die Città Alta mit dem 500 Meter hohen Hügel San Vigilio, wobei sie einen Höhenunterschied von 90 Metern überwindet (siehe Fotos oben). Auf dem Hügel befinden sich die Burg San Vigilio und mehrere gute Restaurants. Zudem genießt du von hier eine wunderbare 360 Grad Aussicht auf die Altstadt, die Unterstadt und die Ausläufer der Bergamasker Alpen.
Tipp: Eine tolle Sicht auf die untere Standseilbahn hast du vom Café "California Bakery", welches sich innerhalb der Ankunftshalle der Seilbahn befindet. Das Preis-Leistungsverhältnis könnte zwar besser sein - die Aussicht macht dies allerdings wieder wett.
Preise für die einfache Fahrt: 1,50€ pro Person.
Aussichtspunkte in Bergamo
Die hügelige Topografie des Stadtgebietes Bergamos sorgt dafür, dass sich praktisch an jeder Ecke schöne Aussichten bieten. Zum Sonnenaufgang empfiehlt sich ein Spaziergang an den südlichen venezianischen Mauern, die langsam in warmes Licht getaucht werden, während die Sonne hinter den Hügeln im Osten Bergamos aufgeht. Dabei kannst du beobachten, wie die Unterstadt erleuchtet wird und langsam zum Leben erwacht (siehe Abschnitt zu venezianischen Mauern).
Eine schöne Sicht auf die Türme der Altstadt und in die Bergamasker Alpen hast du außerdem von der Burg Rocca und der dazugehörigen Parkanlage im Osten der Città Alta (Foto 2).Eine kleiner Geheimtipp ist der Palazzo Terzi, der sich etwas versteckt hinter dem Dom zu Bergamo befindet. Der Palast kann gegen einen Eintritt besichtigt werden. Eine schöne Aussicht in die Po-Ebene mit tollem Framing bietet sich aber bereits, wenn man nur durch das Eingangstor schaut (Foto 3).
Für den Sonnenuntergang empfehlen wir die Fahrt auf den Hügel San Vigilio. Von hier hast du eine schöne Aussicht auf die in der Abendsonne leuchtende Altstadt (Foto 1). Von der Burg kannst du außerdem die Gipfel der Bergamesker Alpen bewundern. Als wir Bergamo Ende März besuchten, waren einige der Gipfel noch schneebedeckt. Die Aussicht kannst du außerdem mit einem Restaurantbesuch direkt am Ausgang der Seilbahn verbinden.
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